Annas Blog

Kritik

Heute war ich mit Mirka zum ersten mal in der 3. A für den Englischunterricht. Diese Gruppe hatte ich bislang noch nicht unterrichtet. Wir haben das Kennenlernspiel (Autograph hunter) gespielt und sie hatten die Gelegenheit mir ein paar Fragen zu stellen. In der zweiten Stunde gab es einen Auszug aus Oliver Twist, englisch (sehr schwer zu verstehen für meine Ohren) mit tschechischen Untertiteln (sehr irritierend).

Danach hatte ich aber noch ein Gespärch mit Jana. Die Schülerinnen der 2./3. A haben sich bei ihr über eine Dinge beklagt. Dabei geht es vor allem um den Unterricht, den wir gemeinsam gestalten und auch um die Art und Weise wie ich an der Schule eingesetzt bin. Wenn ich sagen würde, dass mich das nicht auch ein wenig getroffen hat, wäre das wohl gelogen, aber ich versuche an dieser Stelle trotzdem mal es möglichst sachlich und unkommentiert wiederzugeben, was Jana mir gesagt hat.

1. Die Schülerinnen finden es irritierend zwei Lehrerinen in der Klasse zu haben, sie kennne Jana als ihre Deutschlehrerin und wollen mich nicht als zweite Lehrerin, sondern eher als Freundin

2. daraus ergibt sich, dass sie das Gefühl haben, dass ich zu viel Zeit nur mit den Lehrern verbringe und keine Zeit für die Schüler habe. Sie würden gerne auch privat Zeit mit mir verbringen.

3. Sie haben den Eindruck, ich würde sie für dumm halten, weil ich manche Dinge zu langsam und ausführlich erkläre.

4. Sie möchten lieber in kleineren Gruppen mit mir zusammenarbeiten und ich soll ihre Test nicht benoten oder sie überhaupt bewerten.

Jetzt sind das soweit erstmal die Kritikpunkte, stellt sich die Frage, wie geht man damit sinnvoll um? Klar ist, dass wir an der Art und Weise wie wir im Unterricht arbeiten offensichtlich etwas ändern müssen. Zu Anfang hatten wir eine Stunde jeden Dienstag festgelegt, in der ich allen Schülern, die Interesse haben Zeit zur Verfügung stelle. Da ist leider niemand gekommen. Wie geht man also mit diesem Vorwurf um? Für mich ist das auch eine Frage danach, wie ich meine Rolle definiere. Tatsache ist, dass ich nun mal knapp zehn Jahre älter bin als die Schüler. Ich fühle mich als Lehrerin, zwar noch nicht fertig ausgebildet, aber das ist die Rolle, mit der ich mich identifiziere. Und für einige an der Schule bin ich das auch, die Gruppe in der 1.A (Englisch) mit der ich gerade arbeite akzeptiert und sieht mich zweifellos als solche. Dort hat gerade heute eine Schülerin zur anderen gesagt “das können wir die Lehrerin ja noch fragen”, worauf die andere meinte “du meist wir fragen Anicka”, worauf erstere nur sagte, “naja sag’ ich doch” [frei übersetzt aus dem tschechischen ;)]. In den beiden deutsch Gruppen in der vierten Klasse, bin ich mir nicht ganz so sicher, wie die mich sehen, aber ich denke auch da eher als Lehrerin. Warum ist das in den anderen beiden Klassen anders?

Die Kritik an meiner Korrekturarbeit kann ich nachvollziehen und eigentlich ist das auch nicht meine Aufgabe. Allerdings ist es so, dass ich nur dann tatsächlich Test korrigiert habe, wenn es sich um einfach Vokal- bzw. Grammatiktestgehandelt hat. Da war das Bewertungsschema klar und ich habe nur entsprechend die Punkte zusammengerechnet. Ich habe allerdings schon zu Jana gesagt, dass ich das nicht weiter machen möchte, wenn das für die Schüler ein Problem ist.

Wirklich getroffen hat mich vor allem der Punkt, dass sie glauben ich halte sie für dumm. Das ist definitiv nicht so. Aber wie soll ich ihnen erklären, dass es schwer ist für mich einzuschätzen, was für sie einfacher, was schwieriger ist. Und woher soll ich wissen, dass sie es längst verstanden haben, wenn sie bei der Übung trotzdem alles falsch machen. Für mich war das ein Indiz dafür, dass es eben noch nicht klar ist. Wie geht man denn damit um?

Nun ja, da kann ich mir jetzt ein wenig den Kopf drüber zerbrechen. Falls jemand Ratschläge hat, immer gern!

Categories: als Comenius-Assistentin in Tschechien

Langer Tag als Einzelkaempfer » « Štěpán Kojan

4 Comments

  1. Mhhh. Anscheinend sollte da ein klärendes Gespräch stattfinden. Du bist ja nicht als NBGF (New best girlf friend) dorthin gefahren, sondern in der Rolle der Lehrerin. Das solltest du/ solltet ihr der Klasse nochmal klar machen!
    Wegen der Einschätzung haben sie es verstanden oder nicht. Nun – das passiert auch hier. Schüler regen sich auf, aber wenn es Wissen mal anwenden sollen, klappt es nicht. Mach dir deswegen keine Sorgen. Ich denke, wenn man die Schüler besser kennt, kann man das auch gut einschätzen. So auf die Schnelle klappt das nicht!

    • Mercy, das beruhigt mich ein bischen. Einzuschätzen, was sie können und was nicht ist wirklich nicht so einfach. Da bin ich schon mehrfach drüber gestolpert. A la: Konjunktiv verstehen die noch nicht -also nicht verwenden – Nebensatzkonsturktionen sollten sie beherrschen.. (naja verstehen vllt, aber vom Anwenden sind sie zum Teil weit enfernt). Hach ja, naja nächsten Montag hab ich die Gruppe wieder, da ist dann in der Tat mal ein Gespräch nötig.

  2. Vielleicht sollte man den Schülern einfach mal erklären, dass die 2. Lehrerin zur Förderung und damit zum Vorteil der Schüler da ist, die kleineren Gruppen sind für den individuellen Unterricht auf jeden Fall besser, leider sehen das Schüler meist erst nach gefühlten 20 Jahren nach Schulabschluss ein.
    Das mit dem Altersunterschied und dem “befreundet” sein ist glaube ich bei vielen ein Problem. Einerseits ist es ein Kompliment, wenn sie dich eher als Freundin und nicht als Lehrerin sehen, aber eine Freundin kann eben zumindestens für die meisten keine Lehrerin sein, dafür fehlt die Lebenserfahrung, weil das geht sehr wohl. Ich glaube ein Rezept gibt es da leider nicht, man kann nur mit den Schülern reden, vorallem, dass sie sachlich bleiben und auch der Lehrerin sagen können wenn ihnen am Unterricht etwas nicht passt (z. B. Wir haben die Aufgabe verstanden.) Ob das dann stimmt sei dahin gestellt. Lass den Kopf nicht hängen, leider kann man nicht allen alles Recht machen!

    • Danke für das Feedback und natürlich dafür, dass ihr an mich denkt. Die Gruppe um die es geht ist generell nicht so einfach, die haben auch untereinander einige Probleme. Leider habe ich die “Anführerin” in der Klasse gegen mich. Das habe ich am Montag deutlich gespürt, denn die kam eine Stunde zu spät und hat mir die zweite Stunde das Leben schwer gemacht. Die ist nicht bereit mich zu akzeptieren und wil partout nicht mit mir deutsch reden (obwohl sie die Klassenbeste ist)! Jana meint, das liegt daran, dass sie extrem ehrgeizig ist aber Angst hat Fehler zu machen, wenn ich dabei bin.
      Ich halte euch auf dem Laufenden, was meinen Umgang mit schwierigen Klassen angeht :)

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