ein kurzer Reisebericht über eine kurze Reise

Abfahrt am Sonntag Mittag bei starkem Regen und steigendem Elbpegel, wobei uns zu dem Zeitpunkt noch nicht klar war, wie dramatisch es in den nächsten Tagen werden würde. Als wir an Görlitz vorbei und über die Grenze waren schien aber tatsächlich auf einmal die Sonne. Polen begrüßte uns mit Wärme und Sonnenlicht. Dementsprechend war die Fahrt recht angenehm und es gab viel zu sehen. Vor allem als wir auch noch einen kleinen Umweg über diverse Dörfer fuhren, den uns die nicht gerade top-aktuellen Karten des Navigationsgeräts beschert hatten. Auffällig ist, dass in Polen unglaublich viel gebaut wird. Und die Menschen haben offenbar eine Vorliebe für schreiend bunte Dächer (türkis-blau?) und Säulen vorm Haus.

Unsere Ankunft in Warschau war dann entsprechend spät, aber mit verkehrgünstig gelegenem Hotel und 24-Stunde Check-in ist sowas ja kein Problem. Das Frühstück am nächsten Morgen war für Vegetarier erträglich (Eier in Massen, Käse und Milch für Cornflakes) aber Veganer untauglich. Es sei denn es reichen einem Tee und ein paar Salatblätter sowie Weißbrot mit Marmelade. Aber schon im vorhinein war ja klar, das vegan in Polen eher nicht zur Debatte stehen würde.

Nachdem wir uns also gestärkt hatten ging es los: Warschau erkunden. Wir begannen ein wenig außerhalb in einer wunderschönen Parkanlage mit Schlösschen. Das Busnetz in Polens Hauptstadt ist sehr gut ausgebaut und wir waren mit einem Dreitages-Ticket ausgestattet. Von der Wärme und der Sonne ermüdet sind wir gegen Mittag Richtung Innenstadt gefahren und haben uns in ein Piroggenrestaurant geflüchtet (schöner kühler Keller). Das Restaurant gehört zu einer Kette und man bekommt dort Piroggen in allen möglichen Zubereitungsarten (gebraten, gekocht, …) und mit allen möglichen Füllungen (Fleisch, Fisch, Pilze, Kraut, Spinat, usw.). Also auch vegetarierfreundlich. Die Bedienung sprach super englisch und nach dieser Stärkung machten wir uns auf den Weg durch die Altstadt.

Warschaus Altstadt ist, wie in vielen europäischen Städten der Fall, voller Touristen. Die restaurierten alten Bauten und das Stadtschloss sind neben dem Stadion, das wir von weitem auf der anderen Seite der Weixel schon mal durch eine Häuserlücke hatten blitzen sehen, die größte Sehenswürdigkeit. Wir klapperten etliche Kirchen ab und retteten uns auch in eine vor einem heftigen Regenschauer. Polen ist sehr katholisch und das spürt man an jeder Ecke. Ich habe noch nirgendwo (auch nicht in Rom) so viele Menschen in die Kirche gehen und schnell mal beten sehen. Reinkommen- bekreuzigen – niederknien – beten – wieder gehen (ca. 10 Minuten). Ob Alte oder Junge, Geschäftsleute oder Studenten, alle bunt gemischt. An vielen Straßenecken stehen Heiligenstatuen und Kreuze, geschmückt mit Blumen und offensichtlich liebevoll gepflegt. In absolut jeder Kirche hängt eine Tafel, die darüber aufklärt, wann Jan Pawel II (in Deutschland besser bekannt als Johannes Paul II) dort gewesen ist und was er dort gemacht hat (beten, Rede halten, der Kirche irgendeinen besonderen Status verleihen, etc.).

Am Abend haben wir uns auf die Suche nach einem vegetarischen Restaurant gemacht, dass im Reiseführer stand. Leider stimmte die Adresse nicht. Dafür haben wir aber die “Trattoria Rucola” gefunden und das Essen war super. Pizza Vegetariana… Mmmmh! Das leckere Esen hatten wir uns auch verdient, denn nach der Altstadt waren noch einige Denkmäler (Warschauer Ghetto, Gefallendenkmal des 2. Weltkriegs mit ewiger Flamme und Wachschutz) sowie ein Blick auf die Warschauer Skyline und den beeindruckenden Kulturpalast* (höchstes Gebäude der Stadt) gefolgt.

Am zweiten Tag stand vor dem Festivalbesuch, der eigentliche Grund für den Ausflug, noch ein wenig Sight-Seeing an. Wir entschieden uns für einen Ausflug auf die andere Seite der Weixel in ein Viertel, dass den Ruf eines Szene- und Künstlerviertels hat. Zu unserer Enttäuschung mussten wir feststellen, dass hier noch sehr viel getan werden muss und dort Häuser herumstanden, die in Deutschland wohl schon nicht mehr als bewohnbar gegolten hätten. Völlig geschockt waren wir, als wir an einem Zaharzt vorbei gingen, der seine Patienten im Schaufenster behandelte. Vor lauter Entsetzen haben wir leider vergessen ein Foto zu machen.

Nach hinreichender Stärkung (Piroggen und heiße Schokolade) haben wir uns dann auf den Weg Richtung Festivalgelände gemacht. Wir hatten von der netten Rezeptionsdame am Morgen mehrere Ausdrucke über diverse Bus- und Straßenbahnverbindungen bekommen und haben den etwas außerhalb liegenden alten Flughafen schnell gefunden. Die Musik war schon in vollem Gange, aber unsere Neugier galt ja dem Auftritt von Rammstein, der erst für 22:00 Uhr auf dem Programm stand, weshalb wir Korn, Slayer und Co nur mit mäßigem Interesse bedachten. Ich war sehr dankbar, dass wir daran gedacht hatten Ohropax mitzunehmen. Meine sämtlichen Organe wurden von den Bässen schon tiefenwirksam massiert, das wäre für meine Ohren ein wenig viel gewesen. Für den unvermeidlichen Regenschauer waren wir gut gerüstet und bis zum Auftritt von Rammstein waren meine Füße sogar wieder trocken. Die Show war super. Ich bin jetzt nicht unbedingt Rammsteinfan, aber das was die da auf der Bühne machen, lohnt das Zuschauen auf jeden Fall (siehe Fotos)! Ansonsten war es eine sehr zivilisierte Veranstaltung, sieht man von den überall vertreut liegenden Plastikbechern ab. Sowas wie Pfand scheinen die in Polen nicht zu kennen. Nachdem alles vorbei war, strömten die Massen Richtung Ausgang und wir ließen uns mit dem Strom treiben. Wirklich beeindruckend fand ich die Logistik im Anschluss an das Festival. Straßensperrungen und seeehr viele Busse zum geordneten Abtransport Richtung Stadtzentrum und Autobusbahnhof, sorgten dafür dass wir relativ zügig wieder im Hotel waren. Wir wären sogar noch schneller gewesen, wenn wir am Autobusbahnhof gleich die Haltestelle für unsere Linie gefunden hätten. Aber man kann nicht alles haben.

Am nächsten Morgen ging es mäßig ausgeschlafen zurück nach Deutschland. Diesmal war es in Polen trüb und diesig und auf deutscher Seite schien die Sonne. Trotzdem war eins der wichtigsten Themen für uns zu dem Zeitpunkt schon das Hochwasser in Dresden.

 

*Den Kulturpalast haben die Polen von den Russen geschenkt bekommen, als Wiedergutmachung dafür, dass diese im 2. Weltkrieg große Teile der Stadt in Schutt und Asche gelegt hatten. Das Gebäude ist gegantisch. Es sind dort unglaublich viele Kinos und Theatersäle untergebracht.