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Hinterm Buffet

Etwas gehetzt und völlig verschwitzt komme ich in dem großen, festlich geschmückten Saal an. Im Hintergrund läuft Musik aber die meisten Gäste stehen noch auf der Wiese draußen. Das Buffet soll im 18:00 Uhr stehen, bis dahin ist noch eine Viertel Stunde Zeit. Warum das Brautpaar es mit dem Essen nach Sektempfang mit Canapes und jede Menge Kuchen so eilig hat, weiß ich nicht, das ist aber auch nicht meine Aufgabe. Pünktlich um sechs stehen die kalten Platten, die Warmhaltegeräte sind befüllt und Vorleger und Schildchen verteilt. Mir ist immer noch zu warm. Kochklamotten an Sommertagen: dicke Schuhe und Socken, lange Hose, Kochjacke mit T-Shirt drunter. An mir vorbei schweben Frauen in luftigen Sommerkleidchen und hohen Schuhen…

Ich mache den Bräutigam darauf aufmerksam, dass das Buffet nun bereit steht, er nickt und ist dann verschwunden. Nichts passiert. Ich stehe eine Weile an der Theke herum, lasse mir ein Glas Wasser geben, warte. Zumindest ist die Rennerei vorbei. Seit heute morgen um neun bin ich dabei, aber solche Tagen lassen sich nicht in Stunden bemessen. Eher in Produktionsergebnissen: 300 Canapes, 200 Fruchtspieße, viele Gläschen voll verschiedener Desserts (Quarkmousse, Schokomousse,…), kalte Platten für drei verschiedene Hochzeiten…

Nach zwanzig Minuten spreche ich die Braut vorsichtig darauf an, dass das Buffet nun bereit steht. Sie nickt. “Sie wollen es also eröffnen?” Ich weise das von mir, ist ja ihre Aufgabe, nicht meine. Sie ist noch sehr jung und scheint nicht so recht zu wissen, wie es weiter gehen soll. Also verschwinden erstmal alle zum Brautstrauß werfen. Belustigt beobachte ich die Szene. Die Braut wirft zu weit und das einzige Mädel das in Fangnähe steht, duckt sich erschrocken weg. Und bekommt dann gegen seinen Willen den Strauß in die Hand gedrückt.

Das Essen steht nun seit einer halben Stunde und endlich entschließt sich die Braut zögerlich ihre Gäste herbeizurufen. Sie bedankt sich bei der Küche und ich lächle. “Möchten Sie noch etwas sagen?” Sie schaut mich erwartungsvoll an. Ich bin überrumpelt, damit hatte ich nicht gerechnet, und wünsche nur guten Appetit. “Oder habt ihr noch Fragen?” Jetzt schaut sie ihre Gäste erwartungsvoll an. Vielleicht ist sie ja Lehrerin, das würde einiges erklären…

Nach dem ersten Ansturm räume ich ein wenig zusammen und bin froh, dass ich mit den anderen beiden Buffets nichts mehr zu tun habe, meines war das Erste. Ich warte noch ein wenig und baue das Dessert auf, aber Hunger scheint keiner mehr zu haben. Irgendwie unterschätzen die meisten Menschen, wie viel ihre Gäste essen können. Man kann, vor allem in schicken, engen Kleidchen, nicht den ganzen Tag futtern. Ich frage die Braut, ob alles zu ihrer Zufriedenheit ist. Sie bedankt sich und fügt hinzu, sie habe kaum was gegessen, die Corsage… sie bekomme kaum Luft. Tja, wer schön sein will…

Aus dieser Position habe ich schon viele Hochzeiten beobachtet. Von meinem Standpunkt – quasi hinterm Buffet. Die Meisten sind langweilig. Die Bräute sind gestresst und/oder eingeschnürt. Einige stolpern auf ihren Schuhen durch den Tag und klammern sich an ihren Rock, auch um nicht über ihn zu fallen. Die Erwartungen sind riesig. Welcher noch so extraordinäre Tag kann solche Erwartungen schon erfüllen? In irgendeiner Ecke sitzen immer Verwandte mit langen Gesichtern. Und wirklich schöne ausgelassene Feiern habe ich, mhh sehr selten erlebt.

Und habe auch noch nie gedacht, so eine Feier hätte ich auch gerne. Meine Hochzeit wird mal anders aussehen, das weiß ich sicher!

Categories: Studentenjobs - Erlebnisse

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2 Comments

  1. Hm, na da bin ich aber gespannt ;-)

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